Elektro-Engineering bei der Hahn Automation Group
Auf den Zentimeter genau: Routing im Sonderanlagenbau
Die Hahn Automation Group verfolgt ein klares Konzept für die Weiterentwicklung ihres Elektro-Engineerings. Nach der Einführung von EPLAN Pro Panel gehörte das Unternehmen zu den ersten (Test-)Anwendern des Verkabelungs-Tools Cable proD. Das Ergebnis: Das 3D-Routing von Leitungen an den komplexen und hoch automatisierten Sonderanlagen spart Kosten und erhöht die Qualität – und auch der Service profitiert von passgenau konfektionierten Leitungssätzen.

In Rheinböllen befindet sich die Unternehmenszentrale und der größte Produktions-standort. Hier sind 650 der rund 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. (© Hahn Automation)
Gebogen oder im Hochformat, zwei- oder dreiteilig und sogar über die volle Breite von der Fahrer- bis zur Beifahrertür: Displays sind heute das Anzeige- und Bedienelement im Fahrzeugcockpit. Die Automobilhersteller und ihre Zulieferer entwickeln immer neue Ideen für diese sehr flexible Mensch-Fahrzeug-Schnittstelle. Und leistungsfähige Hersteller von Anlagen für die hochautomatisierte Fertigung schaffen die Voraussetzungen dafür, dass die neuen Display-Generationen in höchster Qualität und großen Serien produziert werden können. Ganz vorn dabei in diesem anspruchsvollen Aufgabenfeld ist die Hahn Automation Group.
Am Firmenhauptsitz Rheinböllen (und ebenso an den anderen Standorten der welt-weit tätigen Unternehmensgruppe) stehen diverse Anlagen für die automatisierte Fertigung komplexer Bauteile in der Produktion oder der Erprobung – nicht nur solche für das Kfz-Interieur. Auch anspruchsvolle Komponenten für die Elektronik und die Medizintechnik (von der Pipette bis zum Herzschrittmacher) werden auf Anlagen der Hahn Automation Group gefertigt. Alle zeichnen sich durch einen hohen Automationsgrad und kurze Taktzeiten aus – und jede Anlage ist ein Unikat.
Elektro-Engineering von Anfang an
Unabhängig von der Größe der Anlage und der Zielbranche: Im Elektro-Engineering setzen die Konstrukteure seit rund fünfzehn Jahren EPLAN ein. Dirk Scherer, Manager Electrical Engineering: „Wir erstellen die Schaltpläne mit EPLAN Electric P8 und geben die so erzeugten Geräte- und I/O-Listen an den Einkauf und die Fertigung aus.“ Seit gut zwei Jahren werden die Schaltschränke mit EPLAN Pro Panel geplant: „Das beschleunigt nicht nur den Schaltschrankbau, es erhöht auch dessen Qualität – schon aufgrund der Visualisierung in 3D.“
Basis: Eigene Artikeldatenbank
Grundlage der Elektrokonstruktion an allen Standorten weltweit ist eine einheitliche Artikeldatenbank, die laufend aktualisiert wird: Zwei bis drei Mitarbeiter sind mit dieser Aufgabe beschäftigt: Sie pflegen neue Artikel ein und reichern die Datensätze so an, dass eine einheitliche (und hohe) Datenqualität entsteht. Grundlage dieser Datenbank ist das EPLAN Data Portal, und häufig können die Konstrukteure vorhandene Artikel bzw. Makros verwenden.

Die Hahn Automation Group fertigt komplexe hochautomatisierte Anlagen – u.a. für die Montage von Displays für das Kfz-Cockpit. (© EPLAN)

Auf Basis des Schaltplans und der MCAD-Daten werden mit EPLAN Cable proD die erforderlichen Leitungslängen als auch der Verlegeweg geplant. Die exakten Längen werden ins EPLAN Projekt zurück gegeben. (© Hahn Automation)

Auf Basis des Schaltschrankaufbaus mit EPLAN Pro Panel ermittelt Cable proD zu-verlässig die Kabellängen. Das 3D-Routing der Leitungen an hoch automatisierten Sonderanlagen spart Kosten und erhöht die Qualität. (© Hahn Automation)
Projekt: Zukunft des Schaltschrankbaus – mit Maschinenverkabelung der Anlagen
Vor zwei Jahren, mit der Einführung von EPLAN Pro Panel, haben die Verantwortlichen ein Konzept für die Weiterentwicklung des Schaltschrankbaus entwickelt, der an den Standorten Rheinböllen und Sveta Nedelja/ Kroatien, also im eigenen Hause, erfolgt. Dabei wurde ein Thema adressiert, das sich außerhalb des Schaltschranks befindet: die Verlegung der Kabel an den Anlagen selbst. Dirk Scherer: „Bei jeder Anlage verlegen wir eine große Anzahl an Leitungen, darunter auch teure Servoleitungen. Wenn deren Längen nur geschätzt werden, gibt es entweder viel Verschnitt oder es ist auch mal eine Leitung zu kurz. Und die Verlegewege sind beliebig und unter Umständen nicht optimal. Das wollten wir vereinheitlichen und effizienter gestalten.“
Maschinenverkabelung in der Praxis – Beta-Test von Cable proD
Da traf es sich gut, dass EPLAN gerade die Markteinführung eines Werkzeugs für eben diese Aufgabe plante: Cable proD. Dieses CAD-Tool verlegt virtuell Leitungen im Feld und ermittelt dabei – auf Basis des Schaltplans und von MCAD-Daten – selbsttätig sowohl die erforderliche Leitungslänge als auch den Verlegeweg. Die exakten Längen werden zurück ins EPLAN Projekt gegeben.
Die Hahn Automation Group vereinbarte mit EPLAN die Erprobung von Cable proD am konkreten Beispiel einer Anlage zur automatisierten Herstellung von Kfz-Komponenten mit einer Zykluszeit von 41 Sekunden. 18 Arbeitsstationen müssen hier mit Energie und Signalen versorgt werden und weil es sich teilweise um komplexe Arbeitsschritte (z.B. Kaltschrumpfen mit Stickstoff) handelt, waren rund 300 Sensorleitungen, 50 Stromleitungen und 11 Servoleitungen zu verlegen.

Dirk Scherer, Manager Electrical Design bei der Hahn Automation Group (© EPLAN)
Ergebnis: „First time right“ statt „Second time wrong“
Das Ergebnis des Tests war aus Sicht der Hahn Automation Group durchweg überzeugend. Dirk Scherer: „Die Leitungen werden gebündelt und durch Kabelkanäle in 3D geroutet. Das System ermittelt zuverlässig die Kabellängen, man muss also weder vorher messen noch nachher korrigieren. Und das Personal kann fehlerfrei und zügig arbeiten, weil die Leitungswege im Viewer angezeigt werden.“ Ein weiterer Vorteil: Dass die teuren Servoleitungen ohne Verschnitt gefertigt werden, spart Kosten und Kupfer und CO2-Emissionen.
Verbesserungen auch für den Service
Verbesserungen sieht Hahn Automation Group aber auch noch auf einer anderen Ebene – beim Service. Dirk Scherer: „Viele der Leitungen in unseren Anlagen sind beweglich und unterliegen dem Verschleiß. Das heißt: Der Kunde bestellt Leitungen, die wir nachfertigen müssen. Wenn die exakte Länge hinterlegt ist, können wir den Leitungssatz passgenau erstellen und dem Kunden schnellen Service mit der perfekt passenden Leitung bieten.“ Das gilt übrigens auch für Leitungen mit Energieketten – und dann, wenn z.B. ein Wechselsatz für ein neues Produkt oder ein neues Werkzeug benötigt wird. Sie können im gleichen Standard gefertigt werden wie die bereits vorhandenen.
Perspektive: Vom Zeichnen zum Konfigurieren
Nach dem erfolgreichen Test steht fest: Die Hahn Automation Group wird EPLAN Cable proD zuerst in Rheinböllen nutzen, später an anderen Standorten. Dafür spricht auch, dass das automatisierte Kabelrouting perspektivisch zu dem eingeschlagenen Weg in die Zukunft des Anlagen- und Schaltschrankbaus passt. Dirk Scherer: „Wir sind fest davon überzeugt, dass wir Schaltpläne künftig nicht mehr zeichnen, sondern konfigurieren. Dafür haben wir auch schon Vorarbeiten geleistet, zum Beispiel die Artikeldatenbank, das Makroprojekt und das Basisprojekt. Strom- und Klimatisierungsbedarf können heute schon automatisiert erstellt werden. So werden wir noch effizienter und können uns stärker auf innovatives Konstruieren fokussieren.“

Die Anlagen der Hahn Automation Group zeichnen sich durch hohe Leistung bei kompakten Abmessungen aus – hier die Abbildung einer Anlage für den Automobilsektor inkl. digitalem Zwilling. (© Hahn Automation)

(© Hahn Automation)