Automatisierungskomplexität beherrschen

Automatisierungskomplexität beherrschen

Automatische Messtechnik- und Montageanlagen mit hoher Flexibilität entwickelt und produziert GTech in Ried im Traunkreis.

Automatische Messtechnik- und Montageanlagen mit hoher Flexibilität entwickelt und produziert GTech in Ried im Traunkreis. Für die Elektro- und Fluidplanung verwendet das oberösterreichische Mechatronik-Unternehmen mit Wurzeln in der IT EPLAN Electric P8 und EPLAN Fluid. Eine umfangreiche Makro-Bibliothek, ein bidirektionaler Datenaustausch mit dem ERP-System und die zahlreichen von diesen CAE-Softwarepaketen zur Verfügung gestellten Automatismen sorgen für eine rasche Erstellung der oft mehrere tausend Seiten starken Pläne. Und sie helfen den Planern, die Komplexität der Anlagen für Produktion und Instandhaltung beherrschbar zu halten. Montagsautos wurden wegen mangelnder Nachfrage abgeschafft. Trotz ihrer ungebremst weiter steigenden Komplexität – sie bestehen aus immer zahlreicheren Unterbaugruppen und Einzelteilen – und Anpassbarkeit bis zum voll individualisierten Produkt mit Serienstückzahl 1 erwarten Käufer heute Großserienqualität ohne Qualitätsmängel oder Funktionseinbußen. Das gilt selbstverständlich nicht nur für Autos, sondern gleichermaßen auch für alle anderen Produkte, von selbst färbenden Stempeln über elektronische Geräte bis zu Freizeitprodukten und Sportausrüstung.

Komplexität braucht Präzision

In einem noch größeren Ausmaß steigt die Komplexität der Anlagen für die Montage solcher Produkte. Sie müssen sich – eine Forderung nicht erst von Industrie 4.0 – für das Assemblieren verschiedener Produktvarianten eignen und trotz unterschiedlicher Anzahl und Größe der gefertigten Baugruppen die einzelnen Teile mit gleichbleibend hoher Präzision zusammenfügen. Da jedes Vorprodukt natürliche Fertigungstoleranzen aufweist, lässt sich diese Präzision nur durch begleitende Messungen und deren Berücksichtigung beim Montagevorgang erzielen. „Ebenso wenig wie Qualität kann Präzision nachträglich hinzugefügt werden“, sagt Josef Gebeshuber, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der GTech Automatisierungstechnik GmbH. „Messung, Selektion und Anpassung an die Ist-Maße sind daher als integrativer Hauptbestandteil der eigentliche Kern unserer Produktionsanlagen.“ Die Integration der auch getrennt angebotenen Mess- und Prüftechnik in die automatischen GTech-Montageanlagen ist daher so selbstverständlich wie die der Robotik.

Von der Software zur Mechatronik

Die meisten Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau kommen von der Seite der Mechanik und haben ihr Know-how über die Antriebstechnik auch in Elektronik und Software ausgedehnt. Die 1997 gegründete GTech hingegen konzentrierte sich ursprünglich völlig auf die Informationstechnik und damit die Softwareerstellung, zu der schon bald der Schaltanlagenbau hinzukam. Wie sich herausstellte, ist die angestrebte Gesamtanlagenqualität jedoch nur bei Planung, Herstellung und Montage der Gesamtmaschine oder –anlage aus einer Hand zu erreichen. Deshalb deckt das Unternehmen seit 2001 alle Disziplinen der Entwicklung und Produktion ab. Seit 2007 am heutigen Standort in Ried im Traunkreis (OÖ), erwirtschaftet GTech heute als international tätiges Unternehmen mit ca. 120 MitarbeiterInnen etwa EUR 18 Mio. Umsatz (2015). Neben Mess- und Prüftechnik sowie Maschinen und Anlagen für die Automatisierung von Montageprozessen produziert das Unternehmen Systeme für die automatisierte Bereitstellung von Berufsbekleidung. Im anbrechenden Zeitalter von Big Data in der Produktion betätigt sich GTech auch vermehrt mit der IT, von der Softwareentwicklung über die Netzwerk- und Datentechnik bis hin zum eigenen Management-Information-System.

Fluidtechnik und Safety inklusive

Obwohl die elektrische Antriebstechnik auf dem Vormarsch ist, erstreckt sich der Begriff Mechatronik bei GTech auch auf Pneumatik und Hydraulik. Nach wie vor hat die Fluidtechnik einen wesentlichen Anteil an den Gesamtanlagen. Bei diesen geht der Trend klar in Richtung Dezentralisierung. Grund dafür ist neben dem Potenzial von direkt an der Maschine montierten IP67-Komponenten mit vorkonfektionierten Kabeln für Zeitersparnis und Fehlervermeidung die einfachere Realisierbarkeit adaptiver Anlagen, die sich auf veränderliche Produktionsanforderungen einstellen können. „Zusätzlich vergrößert die Verwendung unterschiedlicher Steuerungs- und Feldbussysteme, die uns in manchen Branchen vorgeschrieben werden, die Komplexität von GTech-Anlagen“, berichtet Johann Schedlberger, der als dritter Techniker in das Unternehmen kam und heute bei GTech die Elektro- und Fluidplanung verantwortet. „Dazu kommt die immer umfangreichere und raffiniertere Sicherheitstechnik, die heute aus keiner Maschine oder Anlage mehr wegzudenken ist.“

Sukzessiver Engineering-Umstieg

Die Planung des elektrischen, pneumatischen und hydraulischen Teils der GTech-Anlagen erfolgt mit Software von EPLAN. „Das war nicht immer so. Wir hatten ursprünglich ein anderes System im Einsatz und EPLAN erstmals 2002 genutzt, um die Forderung eines Automobilherstellers nach EPLAN-kompatibler Dokumentation zu erfüllen“, erinnert sich Johann Schedlberger. „Dabei haben wir die bereits damals erheblichen Vorteile der EPLAN-Software bei Funktionalität und Ergonomie erkannt und sind nach den ersten, sehr guten Erfahrungen gleich ganz umgestiegen.“ Während der Umstieg der Elektrokonstruktion und –dokumentation auf EPLAN 5 sehr rasch vollzogen war, wurde bei GTech für die Planung von Hydraulik und Pneumatik weiterhin ein eigenes Softwarepaket verwendet. Das änderte sich 2008 als sämtliche Softwareprodukte von EPLAN auf die damals neue Datenbank-Plattform gestellt wurden. „Ursprünglich war geplant, die Elektro- und Fluidkonstruktion personell getrennt zu halten“, sagt Johann Schedlberger. „Wir erkannten jedoch sehr rasch die Vorteile, die eine Bearbeitung beider EMSR-Disziplinen in einer gemeinsamen Programmoberfläche hat und nutzen EPLAN Fluid in der Variante als Add-on zu EPLAN Electric P8.“

Modularität ab der Planung

Jede GTech-Anlage ist ein Unikat. Um dennoch hoch effizient zu planen, ohne das Rad immer wieder neu zu erfinden, nutzen Johann Schedlberger und seine Kollegen die Möglichkeiten, die ihnen das datenbankbasierte CAE-System zur Verfügung stellt. So gibt es z. B. ein vorgefertigtes Musterprojekt mit einer einheitlichen Seitenstruktur. Das vermeidet langes Suchen und macht es den Planern, aber auch den Kundenbetreuern und dem Instandhaltungspersonal leicht, den Überblick zu behalten. Sehr intensiv nutzen die GTech-Planer Makros. In einem solchen wird z. B. ein doppelt wirkender Zylinder in allen wesentlichen Betriebsstellungen dargestellt und einschließlich der Artikelinformationen in mehreren Varianten abgespeichert. Das ermöglicht ein sicheres, kollisionsfreies und lagerichtiges Platzieren des Zylinders durch einfaches Auswählen, ohne dass weitere Nacharbeit nötig wäre. Eine Besonderheit bei GTech ist, dass viele dieser Makro-Artikel hersteller- und modellunabhängig sind und daher den Technikern die Flexibilität lässt, innerhalb freigegebener Typen zu wählen und so Kosten und Verfügbarkeit zu optimieren.

Vereinheitlichte Safety

Einen großen Nutzen hat die Verwendung von Makros in der Elektrokonstruktion für die Sicherheitstechnik. „Auch dort haben wir Standards eingeführt, die Sicherheitstechnik ist modular gestaltet und in Makro-Bibliotheken abgelegt“, sagt Johann Schedlberger. „Dadurch erreichen wir eine baugruppenweise vereinheitlichte und somit wesentlich unaufwändigere Risikobeurteilung und Performance Level-Berechnung.“

Verknüpfung mit ERP

Zusätzlich erhöht wird die Effizienz im Engineering durch den Abgleich der Daten zwischen der EPLAN-Plattform und dem ERP-System. Die Stücklisten werden auf Knopfdruck als Bedarfsanforderungen in das Warenwirtschaftsprogramm übergeben. „Der offene Datenbank-Aufbau der EPLAN Engineering-Plattform ermöglichte uns, die dazu benötigten Scripts mit wenig Aufwand im Haus selbst zu schreiben“, freut sich Johann Schedlberger. „Der bidirektionale Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Systemen sorgt für eine einheitliche Gesamtsicht auf jedes Projekt, hilft, Fehler zu vermeiden und minimiert den Aufwand, den die Elektroplaner mit der auftrags- und positionsgenauen Bedarfsanforderung haben.“

Interaktive Dokumentation

Die Elektro- und Fluidpläne von GTech-Anlagen haben oft mehrere tausend Seiten. Ausgehend von den Schalt-, Hydraulik- und Pneumatikplänen entsteht eine komplette, anwenderorientierte Dokumentation für unterschiedliche Zielgruppen. Die hauseigene Anlagenfertigung ist über Viewer-Installationen an jedem Montageplatz angebunden und kann so jederzeit auf den aktuellen Plansatz zugreifen. So können Verwechslungen ausgeschlossen werden, die sich bei traditioneller Arbeitsweise oft durch Verwendung unterschiedlicher Versionsstände einschleichen. „Die dreidimensionale Darstellung sämtlicher verbauter Komponenten in der interaktiven Dokumentation dient den Mitarbeitern in unserer Produktion als Navi und hilft dem Instandhaltungspersonal beim Kunden, Probleme rasch zu identifizieren und zu beheben“, erläutert Johann Schedlberger den Hauptvorteil der Elektro- und Fluidplanung mit EPLAN. Zusätzlich minimiert die Verknüpfung mit der SPS-Programmierung über den Export der Zuordnungslisten den benötigten Zeitaufwand für die Softwareerstellung und die Fehlersuche. „Die zahlreichen Automatismen von EPLAN Electric P8 und EPLAN Fluid helfen uns ungemein, die hohe Komplexität unserer Anlagen beherrschbar zu machen.“ Autor: Ing. Peter Kemptner / x-technik