Datenfluss beim Schaltschrankbau: Am besten durchgängig
MS-Schramberg verknüpft ECAD und PDM
Die MS-Schramberg GmbH & Co. KG hat die Konstruktion und Fertigung der Schaltschränke für den eigenen Maschinenbau beschleunigt und vereinfacht. Mit der Integration von ECAD und dem PDM-System Pro.File steht nun eine übergreifende Datenplattform zur Verfügung.
Koerzitivfeldstärke, Remanenz und Sättigungspolarisation: Das sind Kenngrößen, mit denen die Entwickler der MS-Schramberg GmbH & Co. KG täglich zu tun haben. Denn MS-Schramberg gehört zu den führenden Herstellern von Magnet- und Systemlösungen. Mehr als 5.000 verschiedene und immer kundenspezifische Bauteile dieser Art werden in Schramberg gefertigt. Dazu gehören zum Beispiel Magnetbaugruppen, die in Kfz-Automatikgetrieben die Drehzahl erfassen oder die Position des Schalthebels erkennen.
Die Automobilindustrie ist die wichtigste Branche für MS-Schramberg. Aber auch an die Medizintechnik, den Maschinenbau und die Hersteller von Schienenfahrzeugen werden Magnet- und Systemlösungen geliefert, die unter oftmals widrigen Bedingungen (unter Öl, bei tiefen oder hohen Temperaturen, in korrosiver Umgebung…) Magnetsignale erzeugen.
Hohe Anforderungen an die hauseigene Automatisierungstechnik
Ein wesentlicher Faktor des Erfolgsrezeptes von MS-Schramberg ist die Kompetenz, den Kunden mit kompletten Baugruppen statt „nur“ mit kundenspezifischen Magneten zu versorgen. Da für (fast) jedes der 5.000 zu fertigenden Produkte eigene Werkzeuge, Formen und Automatisierungsanlagen nötig sind, kommt dem hauseigenen Anlagenbau und hier besonders der Automatisierungstechnik große Bedeutung zu.
Schaltschrankbau im eigenen Hause
Heiko Schaumann, IT-Administrator CAD-Systeme bei MS-Schramberg: „Parallel zu dem kundenspezifischen Produkt planen unsere Maschinenbauer und Elektrotechniker die Produktionsanlage. Dabei setzen wir auf hohe Fertigungstiefe – weil wir die Expertise haben und weil oft Zeitdruck herrscht oder es noch Last-minute-Änderungen am Produkt gibt, die wir berücksichtigen müssen. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass wir die Schaltschränke grundsätzlich selbst planen und bauen.“
Zu den Grundsätzen von MS-Schramberg gehört es auch, stets moderne IT-Werkzeuge zu nutzen. Deshalb arbeiten die Elektrokonstrukteure seit mehr als zehn Jahren mit der jeweils aktuellen Version von EPLAN. Heiko Schaumann: „Da jede Anlage für das jeweilige Produkt geplant und gebaut wird, arbeiten wir fast immer in Stückzahl Eins. Die Konstrukteure nutzen aber Basismodelle für häufige Funktionen und Module, zum Beispiel für die Teileentnahme an Spritzgießmaschinen und für den Bauteiltransport in der Montage.“
Wunsch: Verknüpfung von ECAD, PDM und ERP
Auch beim Produktdatenmanagement ist MS-Schramberg seit Jahren bestens ausgestattet. Hier kommt Pro.File von PROCAD zum Einsatz. Heiko Schaummann: „Dieses PDM-System bewährt sich bestens – auch und gerade bei der Dokumentation und Datenpflege sowie beim Änderungsmanagement.“ Da die „ITler“ bei MS-Schramberg durchaus anspruchsvoll sind, hatten sie frühzeitig das Ziel, EPLAN – und auch das MCAD-System Solidworks – an das PDM und damit, als das eigentliche Ziel, an das ERP-System anzubinden. Heiko Schaumann: „Unser Wunsch und Ziel war die mechatronische Stückliste: ein durchgängiger Datentransfer zwischen der Konstruktion zu den kaufmännischen Funktionen.“
Um dieses Ziel zu erreichen, hatte MS-Schramberg bereits eine eigens dafür entwickelte Lösung getestet, die aber nicht überzeugen konnte. Im Herbst 2018 wurde Heiko Schaumann auf den EPLAN Pro.File-Connector aufmerksam: eine neue, von EPLAN entwickelte Schnittstelle für die Anbindung an das PDM-SystemPro.File.
Vom Wunsch zur Realität: Konsistenter Datenbestand auf allen Ebenen
Diesen Connector setzt MS-Schramberg jetzt ein. Über ihn erhält Pro.File-Daten – vor allem Stücklisten – aus EPLAN. Diese Verbindung wird genutzt, um die Daten weiter an das ERP-System zu geben. Heiko Schaumann: „Die EPLAN Daten sind eine wichtige Basis zum Beispiel für Ressourcenlisten, die wir für den Lagerbestand, den Einkauf, die Disposition und die Fertigungsplanung benötigen. Früher mussten wir diese Listen von Hand eingeben. Das war zeitaufwändig, fehleranfällig und letztlich redundant. Und es wurde dann schwierig, wenn – wie es immer häufiger geschieht– während des Planungsprozesses noch Änderungen vorgenommen werden. Jetzt haben wir auch in solchen Fällen einen konsistenten Datenbestand auf allen Ebenen: Was in der Konstruktion geändert wurde, findet sich in den Ressourcenlisten wieder.“
Konkret heißt das: Die Elektrokonstruktion endet mit einem Fertigungsauftrag, der über die Integration und Pro.File an das ERP-System übergeben und dort weiterbearbeitet wird. Weitere Vorteile ergeben sich daraus, dass MS-Schramberg Rittal Schaltschränke einsetzt, die sich mit EPLAN besonders gut planen lassen – einschließlich Routing und Klimatisierung. Die Daten der benötigten Zukaufkomponenten laden die Konstrukteure jetzt aus dem EPLAN Data Portal hoch.
Gut geplant und schnell umgesetzt
Die Umsetzung des Projektes verlief – auch weil sie gut vorbereitet war - schnell und problemlos. Heiko Schaumann: „Es ging wohl auch deshalb schnell, weil wir bereits Erfahrung aus dem Vorgängerprojekt mit der letztlich nicht überzeugenden Schnittstelle hatten. Wir wussten, was wir brauchen und wie ein solches Projekt umgesetzt wird.“ Die Datenpflege – und Anpassung hatte Simon Heil, Key User EPLAN bei MS-Schramberg, schon im Vorfeld übernommen: „Wir konnten das größtenteils automatisieren, weil EPLAN uns eine entsprechende Routine zur Verfügung gestellt hat, und mussten nur kleine manuelle Anpassungen erledigen.“ Auch die Altdaten werden jetzt sukzessive so aufbereitet, dass MS-Schramberg sie durchgängig nutzen kann.
Ein kleiner zusätzlicher Handlungsbedarf wurde ebenfalls frühzeitig erkannt und erledigt. Simon Heil: „Wir hatten zum Beispiel unsere eigenen Artikelbezeichnungen in EPLAN in einem Feld eingetragen, das dem Connector die EPLAN eigene Artikelnummer bereitstellt und daher für die Kommunikation von ECAD und PDM zwingend erforderlich ist. Das konnten wir aber – auch weil EPLAN hierfür ebenfalls schnell eine Routine entwickelt hat – in zwei Tagen berichtigen.“
Fazit: Die richtige Entscheidung
Die mechatronische Stückliste bringt große Vorteile für die Elektrokonstruktion und die Schaltschrankfertigung. Sie spart Kosten, vermeidet Doppelarbeit sowie Übertragungsfehler und beschleunigt den Konstruktionsprozess. Die Einführung des EPLAN Pro.File-Connectors verlief geradezu unerwartet einfach. Einen weiteren Vorteil, der wohl erst in Zukunft zum Tragen kommt, nennt Heiko Schaumann: „Der durchgängige Datenaustausch ist ja über den gesamten Lebenszyklus der Anlagen nutzbar – auch für die Instandhaltung oder bei Umbauten. Das ist für uns ein wichtiger Punkt, weil die Anlagen bei uns im Hause bleiben und wir größten Wert auf sehr hohe Verfügbarkeit möglichst ohne Zusatzkosten/ -aufwand legen.“
Als nächste Weiterentwicklung der Elektrokonstruktion steht eine noch stärkere Standardisierung und auch Modularisierung des Schaltschrankbaus an. Heiko Schaumann: „Dazu haben wir aktuell ein Projekt gestartet.“